Im Rentenalter arbeiten und als Fahrer für die Tagespflege der Sozialstation Sankt Michael unterwegs sein, das müsste Reinhard Götz eigentlich nicht mehr. Schließlich hat der heute 70-Jährige fast 30 Jahre lang mit seiner Frau eine Metzgerei in Würzburg betrieben und sich vor vier Jahren in den verdienten Ruhestand begeben. Aber zur Ruhe setzen wollte sich der vielseitig und sozial engagierte Senior nicht, erst recht nicht, nachdem er einen Schicksalsschlag überwunden hatte: „Ich wollte noch etwas für andere tun“, sagt Reinhard Götz, „und die Arbeit für die Tagespflege gibt mir so viel Kraft“.

Motivation: Für andere da sein

Zwei Schlaganfälle kurz nach Renteneintritt verkraftete Reinhard Götz nach eigenen Worten gut. Aber sie veranlassten den gläubigen Mann auch zu realisieren, dass er „viel Glück im Leben hatte“. Weshalb er ein Stück Glück auch zurückgeben wollte.

Da kam ihn ein Hinweis aus seinem Umfeld gerade recht, dass bei der Tagespflegeeinrichtung der Sozialstation Sankt Michael in Zeuzleben ein Fahrer für den Transport der Senioren gesucht werde. „Ich bin dann probeweise einmal mitgefahren und das hat mir gleich so gut gefallen, dass ich sofort angefangen habe“.

Als Minijobber gehört er nun seit Ende 2016 zum Team der Fahrer. „Wir sind eine eingeschworene Truppe, wir verstehen uns prima und wir springen gegenseitig ein, wenn jemand mal nicht fahren kann.“ Reinhard Götz hat immer donnerstags eine feste Tour und fährt ab und zu auch samstags und sonntags. Zudem übernimmt er Krankentransporte, wenn dies von der Tagespflege aus nötig ist.

Etwa 120 Kilometer legt er im Schnitt pro Tag mit dem Ford-Transporter zurück, um die Kunden der Tagespflege am Morgen zuhause abzuholen und zu ihrem Tagesaufenthalt nach Zeuzleben zu bringen und um sie gegen Abend wieder nach Hause zurückzubringen.

Als Dank ein Lächeln

„Das ist so schön, wenn man früh schon ein Lächeln erhält“, zitiert der 70-Jährige seine Kunden. Er wird von den Senioren in seiner freundlichen, offenen und humorvollen Art sehr geschätzt, hat für jeden ein gutes Wort. „Man muss halt auf die Leute eingehen, auch wenn Demenzkranke dabei sind“, weiß er. „Im Bus wird immer ein Spässle gemacht“, schmunzelt er.

Um 8 Uhr morgens fährt er los, um die Kunden abzuholen. Normalerweise können acht Personen inklusive Fahrer im Kleinbus sitzen. Zu Corona-Zeiten dürfen wegen des geforderten Abstands nur drei oder vier Personen mitfahren, inklusive eines Behinderten im Rollstuhl. Deshalb muss Götz zwei Touren am Morgen fahren. „Bis 9.30 Uhr sind alle in der Tagespflege.“

Abholung in der Wohnung

Seine Senioren holt Reinhard Götz in deren Wohnung ab, hilft schon mal in den Mantel oder die Schuhe, geleitet sie dann zum Fahrzeug. Seine Hilfe ist auch nötig, damit manche Kunden über einen ausklappbaren Tritt und einen kleinen Hocker in den Transporter einsteigen können. „Die Leute sind ja zum Teil recht klein, da muss man ihnen hochhelfen“. Natürlich übernimmt der Fahrer auch das Anschnallen der Senioren. Und er achtet darauf, dass alle Masken tragen.

„Ich kenne auf meiner Tour jeden“, sagt Götz. Auch zu den Angehörigen der Kunden pflegt er guten Kontakt. Bei Alleinstehenden sind außerdem häufig die „Schwestern“ der Sozialstation, sprich: die Pflegefachkräfte, die ins Haus kommen, die Beziehungspersonen. 

Kontakte bereichern

Der 70-Jährige lässt es sich auch nicht nehmen, gelegentlich privat bei seinen Senioren vorbei zu schauen, etwa um zum Geburtstag zu gratulieren. „Der hatte so eine Freude, so ein Leuchten in seinen Augen“, zeigt sich Reinhard Götz ganz gerührt über einen Mitfahrer, den er spontan besuchte. „Da kommt so viel zurück“.

Alle zwei Monate treffen sich die Fahrer mit der Leiterin der Tagespflege, Carmen Keller, sowie dem Leiter der Sozialstation, Ulrich Buchholz. „Wir besprechen da alles, was anfällt“, berichtet Götz. „Man kann alles vorbringen, dort herrscht ein tolles Betriebsklima“.

Gemeinsame Ausflüge in der Region 

Was dem 70-Jährigen derzeit besonders fehlt, sind die wöchentlichen Tagesausflüge. Bei diesen Aktivtagen, die über die Organisation der Tagespflege bis zu Corona-Zeiten für Senioren angeboten wurden, fungierte er stets als Fahrer. „Das hat viel Spaß gemacht“, erzählt er: Die Fahrt zu einem Ziel in der Region, der Besuch einer Kirche oder eines Museums, die Einkehr ins Café oder in die Gaststätte, der Spaziergang mit seinen Senioren. „64 Mal war ich bislang dabei“, resümiert Reinhard Götz. „Hoffentlich können wir bald wieder unterwegs sein“.

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